Im Mai wurde landesweit an die vor 175 Jahren beginnende Frankfurter Nationalversammlung erinnert. Ich möchte heute darauf hinweisen, dass unser Namenspatron Wigard dort eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hat.
Wigard war 1847 in Dresden zum Stadtverordneten gewählt worden und wurde dann durch die Dresdner auch zum Mitglied des Vorparlaments (31. März bis 4. April 1848) und dann am 10. Mai 1848 zum Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung bestimmt. Wie in “Franz Xaver Gabelsberger - ein Gedenkbuch” aus dem Heckners Verlag von 1948 vermerkt ist, wurden die Verhandlungen des Vorparlaments und die Beratungen des vom Vorparlament gewählten sogenannten Fünfziger-Ausschusses von dem württembergischen Stenografen Winter und seinen badischen Schülern Giavina und Wiest nach dem geometrischen System Horstig-Heim aufgenommen.
Der Fünfziger-Ausschuss hatte Wigard für die Leitung der stenografischen Berichte der Versammlung vorgesehen. Wohl, um die Abgeordnetenaufgaben besser erfüllen zu können, bot Wigard die Direktorialstelle des Stenografenbüros seinem Lehrer und Förderer Gabelsberger an, was dieser aber aus Überlastungs- und Gesundheitsgründen ablehnte. Wigard übernahm dann die Leitung des Redaktionsausschusses für die Herausgabe der stenografischen Berichte aller Beratungen und hat sich mit diesen neun Bänden ein bleibendes Denkmal gesetzt.
Die eigentliche Leitung des stenografischen Büros übergab Wigard an Winter und nach dessen Ausscheiden an Giavina und an den Münchner Scheiber. Zu Beginn der Nationalversammlung waren u. a. aus Dresden die Stenografen Julius Zeibig, Heinrich Rätzsch und Ernst Krause mit der Aufnahme der Reden beauftragt, wobei im Laufe der Zeit mehrfach Personalwechsel auftraten.
Wigard hatte sich in der Nationalversammlung dem gemäßigten Flügel der Demokraten angeschlossen und war Mitglied im wichtigen Verfassungsausschuss, dessen Aufgabe es war, den Entwurf einer künftigen Reichsverfassung zu erarbeiten. Dort votierte Wigard erfolglos für ein republikanisches, wählbares Staatsoberhaupt.
Nachdem die sächsische Regierung dem preußischen Beispiel folgend ihre Abgeordneten zurückgerufen und deren Mandate samt Immunität am 19. Mai 1849 für erloschen erklärt hatte, folgte Wigard diesem Ruf nicht, sondern schloss sich dem Rumpfparlament an, das für kurze Zeit bis zu seiner Zerschlagung durch das württembergische Militär in Stuttgart tagte. Diese Weigerung führte zu einer Untersuchung des Justizamtes Dresden, ob er damit Hochverrat begangen habe. Dieses Verfahren wurde später eingestellt, aber Wigard aus dem Staatsdienst ausgeschlossen und in den Ruhestand versetzt, was dazu führte, dass er mit 46 Jahren ein Medizinstudium begann und später so seinen Lebensunterhalt verdiente.